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Anschaffung eines Norfolk Terriers

Haben Sie sich entschieden? Soll es wirklich ein Norfolk Terrier sein?
Haben Sie sich die Rasse nicht nur im Buch und auf Bildern sondern „life" bei anderen Norfolk Besitzern oder Züchtern angesehen?
Es reicht nicht, nur hübsche Beschreibungen zu lesen und auf Grund niedlicher Bilder die Rasse auszusuchen. Etwas mehr Mühe muss man zuvor schon investieren. Sind Sie „in sich gegangen", ob Sie einem Hundekind gerecht werden können, genug Zeit und Geduld aufbringen und es mit ihrer Lebensweise vereinbaren können? Ist Ihnen bewusst, dass der Hund ein wenig haart und gelegentlich getrimmt werden muss? Können Sie es ertragen, dass am Anfang öfter mal ein Bächlein oder Häuflein Ihren Teppich ziert, dass der Hund im Laufe der Jahre Ihren Garten mit Schützengräben durchzieht oder seine Wasserschüssel über dem Küchenboden umkippt, um mit Wonne in der Pfütze zu plantschen?
Sind Sie bereit Ihrem Norfolk seinen eigenen Fernsehsessel zur Verfügung zu stellen, weil Fernsehen zu einer seiner Lieblingsbeschäftigungen gehören wird? Typische Norfolkeigenschaften! Ist Ihr Garten/Balkon so sicher eingezäunt, dass der Norfolk sich nicht hindurchzwängen oder unter durch buddeln kann oder darüber klettern? Manche Norfolks springen und klettern beachtlich und sind dabei sehr einfallsreich wie man ein Hindernis überwindet!



Norfolks können alles!
Wanda aus Finnland auf dem Agility Parcours!






 




 


Haben Sie eventuelle Allergien aller Familienmitglieder abgeklärt, den Vermieter gefragt, Bücher gewälzt (Lassie, Rex und Co, ist ein ganz bestimmtes sehr gutes Buch über die Erziehung von Welpen, eine Empfehlung!), die Kosten bedacht, die unabhängig von der Anschaffung entstehen werden (Steuer, Versicherung, Tierarzt, Futter und Pflege) und die Urlaubsplanung darauf ausgerichtet?
Dann können Sie zum nächsten Schritt übergehen: suchen Sie sich einen Züchter aus. Über die Züchterlisten der Vereine, in diesem Fall des Klub für Terrier, erhalten Sie die Adressen. Machen Sie Termine mit verschiedenen Züchtern aus und fahren Sie hin. Scheuen Sie keine Wege und keine Wartezeit, denn schließlich wollen Sie einen Hund haben, der Ihnen für viele Jahre Freude ins Haus bringt und nicht nur Ärger bereitet. Hören Sie nicht auf dumme Sprüche, die Ihnen der eine oder andere über andere erzählen will, sondern machen Sie sich Ihr eigenes Bild, indem Sie bei einem Besuch und im persönlichen Gespräch mit verschiedenen Züchtern klären, ob Ihnen die Art wie die Hunde dort aufwachsen gefällt und Sie ein Vertrauensverhältnis zu dem Züchter aufbauen können. Nur dann können Sie auch später damit rechnen, dass Ihnen der Züchter weiterhilft wenn Sie mal Probleme mit dem Hund haben. Umgekehrt wird ein Züchter, dem das Wohlergehen seiner Welpen am Herzen liegt, auch Sie kennen lernen wollen und viele Fragen stellen, ehe er Ihnen ein Hundekind verspricht.



Meine persönliche Erfahrung aus vielen Jahren ist es, dass zwölf Wochen ein gutes Abgabealter für Norfolkwelpen ist. Die Abgabe mit acht Wochen halte ich für viel zu früh. In der Zeit bis zur zwölften Woche lernen die Welpen sehr viel an Sozialverhalten durch den Umgang mit ihren Geschwistern und der Mutter, von der sie auch nicht früher getrennt werden sollten. Sie sind robuster und haben bereits einen etwas besseren Impfschutz und passen sich wunderbar problemlos an das neue Leben an. Ich glaube, dass viele der Verhaltensprobleme von Hunden auf der zu frühen Abgabe der Welpen basieren. Die Welpen erlernen zu wenig „hündisches" Sozialverhalten, wenn sie zu früh von ihren Geschwistern getrennt und –in der Regel als Einzelhund- in ihren neuen Familien leider meist zu sehr „vermenschlicht" werden. Norfolk Terrier passen sich leicht an neue Verhältnisse an, auch in fortgeschrittenerem Alter gibt es selten Probleme damit. So besteht auch gerade für ältere Leute die Möglichkeit, einen älteren Hund zu übernehmen. Ich gebe älteren Menschen dringend den Rat diesen Vorschlag genau zu überdenken, denn ein sehr junger Terrier ist äußerst lebhaft und nicht immer leicht zu bändigen. Ein bereits mehrere Jahre alter Hund kann noch viel Freude ins Haus bringen ohne die Probleme der Grunderziehung und Quirligkeit eines Welpen. Fragen Sie die Züchter nach einem älteren Tier oder wenden Sie sich an die Vermittlungsstelle für in Not geratene Norfolk Terrier (zur Zeit unter Tel. 07223 250 293 oder gleich hier unter Norfolk Terrier in Not).

Eine weitere immer wieder gestellte Frage ist die nach dem Geschlecht. So gravierend wie oft in Büchern dargestellt, ist der Unterschied zwischen Rüde und Hündin nicht, zumindest nicht bei Norfolks. Es gibt leichter und schwerer zu erziehende Exemplare bei beiden Geschlechtern, ebenso kleine Wildlinge oder ruhigere Vertreter. Das hängt nicht unbedingt vom Geschlecht ab. Rüden müssen vielleicht etwas strenger erzogen werden, damit sie keine kleinen Machos werden. Dafür sind sie in der Regel das ganze Jahr über ausgeglichen im Charakter und Spieltrieb, und – vorausgesetzt die Erziehung stimmt – ihrem Rudelführer unglaublich zugetan und anhänglich. Anderen Rüden gegenüber werden sie beim Spazieren gehen möglicherweise Aggression zeigen, aber das ist mit strenger Erziehung gut zu unterbinden. Hündinnen sind hormonellen Schwankungen unterworfen: sie werden ca. zwei Mal im Jahr läufig und manche anschließend scheinträchtig. Das heißt sie sind verändert in ihren Verhaltensweisen, manche ungehorsam, nicht zum Spielen aufgelegt und in der Scheinträchtigkeit ziehen sie sich zurück und zeigen ausgeprägtes Nestbauverhalten – was allerdings bitte nicht mit einer Krankheit verwechselt wird!
Es ist ein natürliches Verhalten, und nicht krankhaft. Die oft angepriesene Patentlösung des Kastrierens ist so einfach nicht zu bejahen. Kastration bedeutet Totaloperation und verändert die Hunde. Rothaarige Hunde verlieren die Farbe, d.h. sie werden über die Jahre heller und verwaschener in der Farbe, das Fell verliert an Glanz und Struktur, die Unterwolle wuchert etwas stärker und dadurch verändert sich mit der Zeit die Haarzusammensetzung. Das muss nicht immer sehr ausgeprägt sein, kann aber. Der ohnehin sehr gute Appetit der Norfolk Terrier wird nochmals gesteigert, und einmal angefressenes Gewicht ist selbst durch Hungerkuren so gut wie nicht mehr loszuwerden. Kastrierte Hunde riechen für Artgenossen uninteressant, das gilt ins Besondere für Rüden. Die Rauflust wird sicherlich gesenkt, und ein kastrierter Rüde wird von anderen Hunden nicht „für voll genommen".



Ein Risiko ist die Narkose, ein zweites die mögliche Inkontinenz, die keine Folge der Narkose sondern der Kastration ist und oft erst zwei bis drei Jahre später auftritt.

Laut Tierschutzgesetz ist eine Kastration ohne triftigen Grund übrigens nicht unbedingt zulässig. Mein Rat: wenn Sie sich für eine Hündin entschieden haben, passen Sie während der Läufigkeit auf sie auf und akzeptieren Sie ihre Launen – sonst wählen Sie doch besser einen Rüden. Lassen sie Ihren Hund nur dann kastrieren, wenn medizinische Gründe es erforderlich machen, und nicht aus reiner Bequemlichkeit, weil Sie keine Lust haben mit seinen Eigenheiten zu leben. Wenn Ihnen das alles zu lästig ist - wozu brauchen Sie dann einen Hund?


Norfolks und Kinder

In einer Fernsehsendung muß es gesagt worden sein: Norfolks seien die idealen Kinderhunde!
Es wäre sicher angebracht solche Dinge anständig zu recherchieren, ehe sie einem so großen Personenkreis erzählt werden.

Sicherlich gibt es einzelne Norfolks, die hervorragend als Kinderhunde geeignet sind, aber pauschalisieren kann man solche Aussagen nicht. Norfolks sind kleine Terrier, sicherlich liebe Terrier, aber niemand wird garantieren können, dass nicht auch ein lieber Terrier mal zupackt, wenn es ihm zu bunt wird. Die Rassegruppe der Terrier ist ursprünglich mal für die Jagd gezüchtet worden und eine zum Teil sehr geringe "Restschärfe" steckt eben noch in ihr. Der Norfolk gehört bestimmt zu den ausgesprochen freundlichen Hunden von seinem ganzen Naturell her, doch liebt er es nicht in seinen Ruhephasen von Kindern belästigt zu werden. Aus eigenen Erfahrungen heraus habe ich mir zwei Regeln bei der Abgabe meiner Welpen zueigen gemacht: die Kinder sollten mindestens 9 Jahre alt sein, denn dann fangen sie an zu verstehen und mitzudenken, wie ein Hund erzogen werden muß und wie er reagiert. Von diesem Zeitpunkt an wird der Hund die Kinder dann auch als übergeordnete Rudelmitglieder akzeptieren. Bei kleineren Kindern tut er dies nicht, und in dem Falle, dass die Kinder sich aus Unwissenheit falsch verhalten, kann es eben doch mal dazu kommen, dass er nach ihnen schnappt.
Dies ist uns besonders dann aufgefallen, wenn auch die Eltern keine Hundeerfahrung hatten und aus diesem Grunde das eigentlich normale Verhalten der Hunde nicht richtig deuten konnten. Daraus ergibt sich der zweite Grundsatz: wenn Familien mit wesentlich kleineren Kindern einen Hund haben möchten, befürworte ich dies nur wenn die Eltern auch zuvor immer Hunde hatten und viel Hundeerfahrung und gute Kenntnisse über ihr Verhalten haben.

Nur dann scheint gewährleistet, dass die Kinder schon früh die richtige Anleitung zum Umgang mit dem Hund erhalten und die Eltern eine kritische Situation rechzeitig abwenden können.

Diese Zeilen beziehen sich nicht speziell auf Norfolk Terrier sondern resultieren aus über 30 Jahren Hundeerfahrung und Geschichten aus der tierärztlichen Praxis. Es mag Rassen geben, die insgesamt noch friedfertiger und zuverlässiger im Zusammenleben mit Kindern sind, aber sicher ist immer jeder Hund individuell zu betrachten, und zusätzlich spielen Erziehung und Prägung eine wesentliche Rolle.

Dr. Frauke Hinsch, 2002